Die coolste Modenschau der Welt

Ende Februar fand auf dem gefrorenen St. Moritzersee wieder «The I.C.E.» statt – eine Mischung aus Concours d’Elegance, Ice-Race und Modenschau. Ein einzigartiges Spektakel, das man sich nicht entgehen lassen […]

Ende Februar fand auf dem gefrorenen St. Moritzersee wieder «The I.C.E.» statt – eine Mischung aus Concours d’Elegance, Ice-Race und Modenschau. Ein einzigartiges Spektakel, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Text Patrik Hellmüller Foto P. Hellmüller, The I.C.E.

«The I.C.E» in St. Moritz nennt sich selbst «Concours of Elegance», man könnte es aber auch eine Modenschau für automobile Haute Couture nennen. Die sorgfältig kuratierten Fahrzeuge defilieren hier nicht im Schritttempo wie bei anderen Concours-Veranstaltungen am Publikum vorbei, sondern werden mit Vollgas über den gefrorenen St. Moritzersee gejagt – das gibt es nirgends sonst!The I.C.E. St. Moritz

Fahrzeugpalette von Weltrang

Die Fahrzeugauswahl ist genauso hochkarätig wie spleenig, denn in St. Moritz gilt: je exzentrischer, desto besser. Neben einem Ferrari 250 Testarossa steht der selten zu sehende Lincoln Indianapolis Boano, der das Space-Age-Design der 50er-Jahre auf die Spitze treibt. Besonders viel Aufmerksamkeit erzielen die 70er-Jahr-Keile Lancia Stratos Zero und Lancia Sibilio, zwei der wohl spektakulärsten Concept-Cars, welche das Designstudio von Bertone je verlassen haben.

Diese Designkunstwerke sind bereits stehend kaum zu toppen. In St. Moritz jedoch werden ihnen Spikes-Reifen aufgezogen, um damit über den Rundkurs zu driften. Auch ein V16-The I.C.E. St. MoritzRennwagen Auto Union C-Type wurde kaum für Drifts auf Eis entwickelt. Mit seiner Doppelbereifung an der Hinterachse, natürlich ebenfalls mit Spikes versehen, bringt er seine Kraft aber erstaunlich gut auf die Eisbahn. Perfekt fürs Eis geeignet ist hingegen der Porsche 356A von Valkyrie Racing. Dieses Fahrzeug hat die weltweit härtesten Rennen bestritten und wurde dafür mit einem Raupenantrieb ausgestattet. Ein paar Runden in St. Moritz sind da nicht mehr als ein Spaziergang.

 

Alle Fahrzeug-Highlights aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen – aber die Auswahl an spektakulären Designprototypen, siegreichen Rennfahrzeugen und Superklassikern zeigt, wie sehr Sammler und Hersteller diesen exklusiven Anlass schätzen. Exemplarisch nennen wir das V8-Exemplar des Mercedes C111, welches vom Mercedes-Benz Museum ins Engadin gebracht wurde. Ähnlich spektakulär ist der Lamborghini Miura P400S Millechiodi. Unter den Ikonen aus Maranello stach der Ferrari 166MM/212 Export besonders hervor, wegen seines spektakulären, eiförmigen Designs gerne «Uovo» genannt. Zwei Maserati Monoposti daneben verkörpern den Geschwindigkeitsrausch perfekt. Vorkriegsautos wie der Lorraine Dietrich B3/6 Sport, Bentley 3 Litre und der Hispano-Suiza H6C lassen die berühmten Roaring Twenties aufleben.

Show auch abseits des Rundkurses

Das Schaulaufen beschränkt sich nicht auf den Eiskurs, denn generell zieht St. Moritz Exzentrikerinnen und Exzentriker seit jeher magisch an. So findet die Modenschau bei den Zuschauern und Zuschauerinnen ihre Fortsetzung. Nur heissen die Designer hier nicht Bertone, Pininfarina oder Boano, sondern Hermès, Gucci und Louis Vuitton. Unabhängig davon gilt hier genauso die Maxime: je exzentrischer, desto besser.The I.C.E. St. Moritz

Da wundertes nicht, wenn der gefrorene St. Moritzersee von renommierten Unternehmen als Shoppingmeile genutzt wird. In den Pavillons finden sich eine Uhrenmanufaktur genauso wie ein Auktionshaus, ein Supercar-Hersteller oder die Classic-Car-Abteilungen italienischer Sportwagenbauer. Ein Publikumsmagnet ist die Präsenz von The Little Car Company. Das Unternehmen schafft kunstvolle Kinderautos. Als Vorbild bedient sich das Unternehmen des Bugatti Type 35, des Ferrari 250 Testarossa oder des Aston Martin DB5.

Diese Ikonen schrumpft The Little Car Company auf 75 Prozent der Originalgrösse und stattet sie mit einem potenten Elektroantrieb aus. Die Kleinkunstwerke, deren Preise bei rund 40 000 Franken starten, können auf einem eigenen Testtrack ausprobiert werden. Ein Angebot, das rege genutzt wird und gestandene Gentleman-Driver in Verzücken versetzt.

Was für ein Spass! Den Organisatoren ist wieder ein einzigartiges Spektakel gelungen. Klassische Autos als rollendes – pardon – driftendes Kulturgut fürs Publikum, das auch via Instagram und Tiktok angesprochen wird. Beruhigend, dass es Top-Sammler gibt, die ihre Schätze nicht in klimatisierten Hallen vor sich hin darben lassen, sondern ihre Fliegerjacke aufziehen, Spikes für ihre Autos besorgen und sich hinters Steuer setzen. Wir freuen uns bereits auf 2024, wenn es wieder auf Ice geht.