ES LEBE DER WIDERSPRUCH!

Nein, dieser Neunelfer ist kein moderner Klassiker ab Werk. Es ist ein modernisierter Klassiker der Sportec-Profis aus Höri. Und eine pure Fahrmaschine. Text Ulrich Safferling | Fotos Sportec Eigentlich machen […]

Nein, dieser Neunelfer ist kein moderner Klassiker ab Werk. Es ist ein modernisierter Klassiker der Sportec-Profis aus Höri. Und eine pure Fahrmaschine.

Text Ulrich Safferling | Fotos Sportec

ES LEBE DER WIDERSPRUCH!Eigentlich machen sie bei Sportec mit dem SUB1000 gerade das Neunelf-Konzept kaputt. «Für die Rennstrecke und zum Brötchenholen», so erklärte Walter Röhrl mal das Konzept der deutschen Sportwagen-Ikone. Es gibt Sportwagen, die haben mehr PS. Und es gibt solche, die bieten mehr Komfort. Aber den Spagat, komfortabel zur Rennstrecke fahren zu können und dort die Konkurrenz das Fürchten zu lehren, diesen Spagat beherrscht wohl niemand so gut wie der legendäre 911. Und diesen Spagat löst Sportec Classic auf, indem sie die Brötchen weglassen und mehr Rennstrecke reinpacken – symbolisch gesprochen. «Back to the roots» nennt sich das, was Sportec-CEO Gregor Burkard wollte: «Früher war alles besser? Aus diesem Grund bauen wir diese Fahrzeuge wieder.» Ein 911 nur für die Rennstrecke. Es lebe der Widerspruch des Konzepts.

So ganz falsch ist das nicht, schliesslich hat Porsche im Laufe von 60 Jahren 911 immer auf seine Kunden gehört. Und die wollten nicht alle und nicht immer am Limit fahren, aber trotzdem ihren Elfer geniessen und erleben. Also gab es mehr Komfort. In der Basis, denn auch heute kann man sich natürlich einen neuen GT3 bestellen und bekommt keinen Brötchen-Wagen. Aber Sportec Classic betrachtet keine Neuwagen, sondern Klassiker wie das sogenannte G-Modell (1973–1989). Von dem wurden 193’605 Stück gebaut, was ihn bis heute zu einer der meistverkauften und beliebtesten Baureihen des Modells macht. Und genau solche «G» liefern die Basis für den SUB1000. Das klingt ein wenig nach Unterseeboot, bedeutet aber schlicht «unter 1000 Kilogramm». Denn Leichtbau war schon immer eine Erfolgsformel für schnelle Rennautos. Ein 231 PS starker Serien-911 von 1986 wog dagegen 1210 Kilo, ein 300-PS-Turbo gar 1335 kg. Ein SUB1000 genau 990 Kilo. Fahrfertig. Bei 315 PS. Um das Gewicht zu erreichen, werden Türen und Anbauteile aus Karbon oder Kevlar nachgebaut und der 911 regelrecht gestrippt.

ES LEBE DER WIDERSPRUCH!Das bedeutet, das Sportec-Modell ist innen weitgehend nackt. Teppiche fehlen völlig, die Türen sind hauchdünn verkleidet, um nicht im Konstrukt hängen zu bleiben. Und man sieht die Nacktheit nicht nur, man hört sie auch: Jedes von den Rädern hochgeschleuderte Steinchen trommelt gegen das Blech, das Geknister oder Geschepper spielt seinen ganz eigenen Jazz auf der Strasse. «Das gehört eben dazu», sagt Thomas Hofer vom Sportec-Verkaufsteam. «Aber wer einen Rennwagen bestellt, der kennt das und will das auch.» Und Rennwagen stimmt mehr denn je. Aus 3,2 werden 3,4 Liter Hubraum des Boxermotors, mehr als 80 PS Leistungszuwachs und rund 50 Newtonmeter mehr Drehmoment sprechen für sich. Allerdings steht Sportec da in bester Tradition vieler Porsche-Spezialisten, die den 911 schon in den 1970er-Jahren auf Kundenwunsch optimierten. Damals spielten die Themen Abgase und Lärm noch keine grosse Rolle. Heute schon, und deswegen bekommt der SUB1000 ein komplett neues Motorsteuergerät, um die Vorgaben einhalten zu können. Nebenher gewöhnt Sportec ihm damit noch ein paar typische Eigenarten wie das schlechte Kaltstartverhalten ab.

BACKDATE? RESTOMOD?

ES LEBE DER WIDERSPRUCH!Mehr als hundert Teile wurden neu entwickelt, gezeichnet, gedruckt, gefräst. Die Karosserie wurde komplett verändert und auf F-Modell umgerüstet, ein sogenanntes Backdate, und die Technik modifiziert, dafür steht der Begriff Restomod. Klar, dieser 911 ist kein originaler Veteran, aber das war erstens nie das Ziel und ist zweitens nicht der Wunsch der Kunden. Hofer: «Es geht um ein Maximum an Fahrspass, Dynamik und Emotionen. Mit der SUB1000-Basis kann jeder seinen Wunsch-Elfer aufbauen. Deshalb ist kein SUB1000 wie der andere.»

Eine Besonderheit beim neuen Fahrwerk ist der Einsatz von MSCKomponenten aus dem Motorsport, mit denen sich vorn und hinten die Zug- und Druckstufe bequem vor und nach einem Rennen einstellen lässt. Ein steiferes Chassis und neue Stabilisatoren sorgen für einen sportlichen, aber keinen brettharten Unterbau. Abgestimmt hat das der dreimalige Schweizer Le-Mans-Sieger Marcel Fässler, der bei Sportec als «Head of Motorsport» jedes Modell testet und abnimmt. Das Schönste daran: Alle SUB1000 sind für den Strassenverkehr zugelassen. Oder anders gesagt: Es sind strassenzugelassene Rennfahrzeuge. Und wer nicht ganz genau hinsieht oder intimer Porsche-Kenner ist, wird den Unterschied zu den originalen F- und G-Modellen nicht sofort erkennen. Der SUB1000 wahrt die klassische Linie, die zur Porsche-DNA gehört.

ES LEBE DER WIDERSPRUCH!Die Nostalgie soll neu aufleben, so der Grundgedanke des Umbaus von Sportec. In der Tat, hinterm Steuer fühlt man sich 30 oder mehr Jahre zurückversetzt, denn so wie der SUB1000 fährt sich kein modernes Auto mehr. Hier hört man den rasselnden Motor, spürt die Strasse über die Lenkung und sieht die Technik in Alu oder Karbon – das ist so puristisch wie früher. Sogar noch etwas puristischer als selbst ein G-Modell in den 1980er-Jahren war.

Vorsicht ist dabei angesagt, denn es gibt genauso wenig ABS wie ESP. Wer nur damit aufgewachsen ist, wird sich wundern, wenn er den Neunelf mutig in die Kurve wirft und das Heck querab sehen kann. Der SUB1000 fährt noch so, wie ein Auto physikalisch fährt. Wer das weiss, kann es geniessen, mit Lenkung und Gas spielen und sich in den Schalensitzen wohlfühlen. Zumindest ab 4000 Touren, wenn der Sechszylinder so richtig zum Leben erwacht. Vor allem untertourig im ersten und zweiten Gang wirkt das Auto bockig, während es ab 3000 Touren zunehmend elastischer wird und immer kerniger tönt. Dann, ja dann kommt das nostalgische Fahrgefühl, wie man es von alten G-Modellen gewohnt ist. Im Sportec-Modell noch mehr als sonst. Das ist Porsche pur. Anhalten und ein Weggli holen kann man ja trotzdem mal.

Baujahr 2024
Motor 3400 ccm, B6
Leistung 315 PS bei 5960 U/min
Drehmoment 340 Nm bei 4860 U/min
Kraftübertragung Fünfganggetriebe, Hinterradantrieb
Länge/Breite/Höhe ca. 429/165/132 cm
Gewicht 990 kg
Höchstgeschwindigkeit k. A.
Beschleunigung k. A.
Preis ab 371’400 CHF